Zeit für das menschliche Herz

Nackt und angewiesen

Wir Menschen sind in Schwäche geboren,  und  nach der Geburt-nackt und hilflos,  noch ziemlich zerbrechliche Wesen, die nichts von dem selber haben, was sie zum Leben brauchen: Nahrung, Zuwendung, Zärtlichkeit, Ansprache- kurz gesagt Liebe.

Wir sind als Menschen von Anfang an auf Beziehung angelegt und angewiesen, auf das Geschenk des Lebens. Das menschliche Herz braucht in Worten und  Gesten die Bestätigung: du bist wertvoll und wundervoll! Ich liebe Dich gerade so wie du bist! Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter!….…Wenn das kleine Kind diese „Worte“ nicht empfängt , nicht ausreichend oder gar nicht geliebt wird, entsteht eine tiefe Wunde im menschlichen Herzen und daraus entwickelt sich Angst, Ärger und Kampf.

„Zentralverriegelung Angst“

Manche schließen sich ab, und die „Zentralverriegelung Angst“ (Melanie  Wolfers) baut um das verletzbare und berührbare Innere einen wehrhaften und undurchdringlichen Panzer. Nicht wenige Leute tragen viel Angst und Furcht in ihren Herzen, sind ständig dabei innere und äußere Grenzen und Mauern zu bauen, um sich (und ihre Klasse, Gruppe, Nation, Rolle, Volk…) zu schützen. Und wir vergessen dann, dass wir Teil einer großen menschlichen Familie sind.

Wieder andere geraten in die Falle des sich Behaupten und Beweisen- müssens;und sie erleben dabei,  was auch immer sie tun und wie sehr sie sich auch anstrengen, es scheint nie genug, um die Anerkennung und die Wertschätzung (der Eltern, später des Chefs..) zu bekommen.

Zentral für die menschliche Entwicklung ist es, dass das Herz entdecken kann: Ich bin wertvoll. Und jemand lieben bedeutet, ihm sagen zu können: Du bist wertvoll !

Den Menschen sehen wie er ist

Wichtiger als das, was wir tun, ist es, eine Antwort zu bekommen auf die Frage: Wer bin ich? Es geht in der menschlichen Entwicklung nicht vorrangig um das , was ein Mensch tut oder was er besitzt, sondern was er ist. Doch oft scheinen wir blind füreinander und sehen den jeweils Anderen nur recht äußerlich; in seiner Rolle etwa, in dem, was er für mich leistet oder von mir fordert, in der Schablone, in die wir ihn gesteckt haben. Sehen wir nur den Verkäufer/-in, der im Supermarkt  an der Kasse sitzt oder begegnen wir ihm/ihr so, dass er sich menschlich angesehen und angesprochen fühlt. Nehmen wir den anderen Menschen noch als Menschen wahr oder nur in seiner Rolle als Automechaniker, der mein Auto repariert, als Verwaltungsangestellte, die meinen Antrag bearbeitet, als Angestellte in meinem Betrieb…Und oft sind wir nicht nur dem anderen gegenüber abgestumpft, sondern auch unserem eigenen Inneren; wir spüren nicht mehr,  was uns in der Tiefe beschäftigt, bewegt, berührt und umtreibt; wir weichen dem Zerbrochenen und Ungeheilten in unserer eigenen Seele aus.

Beziehungen verwandeln durch Vertrauen

Jeder kann umgekehrt Beziehungen wandeln, Leben transformieren, Leben geben und empfangen; wie schnell kann sich selbst eine schwierige und unerfreuliche Beziehung verwandeln, wenn sich der Andere als Mensch wahrgenommen und angesprochen fühlt und sich mit seinen Schwächen und Schattenseiten angenommen fühlt. Wenn der andere spürt, dass er als Mensch vorkommen kann, bekommt er den Mut sich zu zeigen wie er ist statt sich hinter seiner Rolle zu verschanzen. Im Vertrauensraum braucht sich keiner mehr hinter einem Panzer aus Macht und Angst einzuigeln.

Zeit für das menschliche Herz

(„Herzengel“, Acryl auf Leinwand, 60 /80 cm, von Gustav Schädlich-Buter)

Nehmen wir uns Zeit für einander, für das menschliche Herz, das darauf wartet, angesprochen, wahrgenommen und berührt zu werden!  Spiritualität bedeutet nichts anderes als einen Geschmack dafür zu entwickeln, dass unser Leben und jeder Moment darin wertvoll ist, und darin  Gottes Gegenwart geahnt werden kann.

Impuls:

Gab und gibt es Menschen in meinem Umfeld, die mich darin bestärken, dass ich wertvoll bin?

Sagen Sie heute einem fremden Menschen ein freundliches und aufbauendes Wort!

Was macht mir Angst?