Murren- die Macht des Negativen

Der Arzt und Kabarettist Eckhart von Hirschhausen bringt einen sehr anschaulichen Vergleich über die Macht des Negativen und Bösen in unserem Leben. Er schreibt: „ Das Böse hat eine große Kraft. Legt man einen faulen Apfel in eine Kiste guter Äpfel, passiert folgendes: Alle guten Äpfel werden faul. Legt man hingegen in diese Kiste verdorbener Äpfel einen guten, werden mitnichten die faulen wieder gut, sondern der einzig gute auch noch faul.“ (Dr.med. Eckhart von Hirschhausen, Glück kommt selten allein.. , Hamburg 2011, S.89)

Ich möchte den Vergleich von Hirschhausen einmal weiterdenken, indem ich mich frage,  was so ein fauler Apfel in der eigenen Seele sein könnte. Tatsächlich finden wir in unserem Inneren, Haltungen und Eigenschaften, die unserem eigenen Seelenleben schlecht bekommen.

Einer dieser faulen Äpfel ist das „Murren“, ein Ausdruck, den wir  schon in der Bibel (z.B. 4 Mose, 16,7.8.11….) finden; er  bedeutet, dass wir unsere Unzufriedenheit mit unfreundlichen Worten zum Ausdruck bringen; synonyme Wörter dafür sind: herumkritisieren, herummäkeln, herummeckern, herummaulen, kritteln, nörgeln, quengeln oder motzen.

Meckern, Kreide

Wir können an verschiedenen Stellen unseres Lebens beobachten wie schnell sich negative Gefühle und Gedanken ausbreiten, das eigene Seelenleben vergiften und auch noch andere anstecken ähnlich einem Virus..

Murrer und „Murrköpfe“ sind solche, die mit ihrem Leben oder Lebensumständen unzufrieden sind, aber statt aufzustehen , Veränderungen und Lösungen für ihre Unzufriedenheit zu suchen, fressen sie den ganzen Hader über sich und andere in sich hinein; sie grummeln vor sich hin, nörgeln und motzen auf der hinteren Bank, schimpfen mit vorgehaltener Hand, heizen negative Gefühle an, verbreiten Gerüchte und ziehen mit ihrem inszenierten Selbstmitleid auch andere in die Tiefe.

Doch sie schaffen es nicht, ihre Kritik offen und konstruktiv zu äußern oder dem Grund ihrer Unzufriedenheit in der Seele auf den Grund zu gehen; oftmals sind es Neid und Eifersucht auf die viel glücklicheren Lebensumstände anderer, die dem Murrer Stoff liefern. Der Murrer wird zum mürrischen Menschen, der sich in seiner negativen Haltung einigelt . Statt vorwärts zu gehen, anzupacken und offen auf mögliche Unrechtsverhältnisse hinzuweisen, bleibt der Murrer in einer narzisstischen Eigendrehung gefangen .

Aufgabe von Verantwortlichen in Gesellschaft, Kirche oder Politik wäre es latente Unzufriedenheit zu erkennen und annonyme Murrer zur offenen Unmutsäußerung  und Kritik zu ermuntern.

Jede und jeder sollte aber auch ganz persönlich wachsam sein über die Bewegungen in seiner Seele, und den „faulen Apfel“ frühzeitig erkennen und entfernen. In uns selbst gibt es nämlich Gegenkräfte und Störfrequenzen , die unserer Seele schaden wollen. Ein geistliches Feintuning, Wachsamkeit gegenüber den unterschiedlichen Regungen der Seele (vgl. Ignatius von Loyola mit seiner „Unterscheidung der Geister“), eine sensible Wahrnehmung sind notwendig, um die negativen Gegenkräfte in uns nicht übermächtig werden zu lassen.

Eine positive Gegenkraft gegen das Murren ist die Dankbarkeit; es gibt eine Menge im Leben, wofür ich dankbar sein kann, wenn ich nur meine  Augen dafür öffne. Allerdings bedarf ein solches „Sehen“  der Übung.

Impuls zu Nachdenken:

An welchen Stellen fresse ich Unmut und Unzufriedenheit in mich hinein?

Bei wem sollte ich womöglich Kritik offen und konstruktiv äußern?

Mit wem kann ich über Lösungen meiner Unzufriedenheit reden?

Für was in meinem Leben kann ich dankbar sein?

Literatur zur Vertiefung:

Stefan Kiechle; Meister der Spiritualität, Ignatius von Loyola, Freburg im Breisgau2001, S.92 (dort zur Unterscheidung der Geister)

Stefan Kiechle, Sich entscheiden, Ignatianische Impulse